Arbeit und Lohn oder nichts von alledem

Dienstag, 4. November 2008

Metalltarifrunde: "Kapital verkennt Ernst der Lage"

Vergangenes Wochenende führte die türkische "Alinteri" ein Gespräch mit mir zur Tarifrunde in der Metallindustrie:

Wie wirkt sich die Finanzkrise in der Metallindustrie aus?

In der sogenannten „Realwirtschaft“ gibt es gegenwärtig keine allgemeine Entwicklung, die ins Minus geht. Erst dann kann von einer Krise im eigentlichen Sinne gesprochen werden. Allerdings gibt es diese Krise in den Geldbeuteln der Arbeiter und Angestellten schon lange. In Deutschland haben die Kolleginnen und Kollegen zwischen 1995 und 2004 einen Reallohnverlust von 0.9 % zu verkraften. Dagegen haben die Unternehmen ihre Gewinne beispielsweise Jahr 2007 um 13,96% auf offiziell 585,49 Milliarden Euro gesteigert. Die durchschnittliche Kapitalrendite der Unternehmen ist mit 21% die höchste seit 30 Jahren.

Man kann ja wirklich nicht davon sprechen, dass zum Beispiel Daimler in der Krise steckt. Der Vorstand hatte in diesem Jahr 7,7 Milliarden Gewinn vor Steuern geplant. Jetzt werden tatsächlich wohl „nur“ 6 Milliarden Euro herausgekommen.


Warum dann die Propaganda gegen die Forderungen der Gewerkschaften?

Die Automobilunternehmen versuchen jetzt diese Profite zu halten. Für die Kolleginnen und Kollegen bedeutet das neben einer verschärften Ausbeutung eine größere Gefahr für die Arbeitsplätze. Es wurden ja in einigen Konzernen bereits zehntausende von Leiharbeitern entlassen. Die gegenwärtige Entwicklung wird genutzt, um bei den Kollegen das wachsende Kampfbewusstsein zu zersetzen.

Die „Bild“ Zeitung ist mit großen Schlagzeilen natürlich mit dabei: „Fünf Wochen Betriebsferien bei Daimler“. Der Grund für die verlängerten Betriebsferien ist neben dem tatsächlichen Absatzrückgang auch ein bereits seit dem Frühjahr geplanter Modellwechsel bei Daimler. Dazu wird gegenwärtig die Produktion heruntergefahren und auf die neuen Automodelle umgerüstet. Laut IG Metall beträgt der tatsächliche Produktionsausfall wegen dem Absatzrückgang lediglich 21 Stunden.


Welche Folgen sind noch zu erwarten?

Die sogenannten Wirtschaftsexperten korrigieren täglich ihre Prognosen. Ich denke, sie haben keine Ahnung, wohin die Reise geht. Die kapitalistische Ökonomie ist auch nicht beherrschbar. Durch Maßnahmen wie die Finanzspritzen wird der Ausbruch einer Wirtschaftskrise lediglich hinausgezögert. Die Unternehmen sind nicht bereit, die Kosten der Krise aus ihren Profiten zu bezahlen, sondern wälzen dies auf die breite Masse der Bevölkerung ab. In der Folge wird es zu weiteren Angriffen auf soziale Errungenschaften und politische Rechte der Bevölkerung kommen.


Wie ist die Stimmung unter den Metallarbeiterinnen?

Es gibt eine bestimmte Verunsicherung bei einigen Kolleginnen und Kollegen. Schließlich kann man keine Nachrichtensendung sehen, keine Zeitung aufmachen, in der nicht die Finanzkrise von sogenannten „Experten“ behandelt wird. Vor allem sind das „Experten“ für die Profite der Banken und sie tun dieses mit dem Hinweis, dass man in dieser Situation keine höhere Löhne und Gehälter fordern kann.

Es haben jedoch alle Kollegen mitbekommen, dass es möglich ist, innerhalb weniger Tage 500 Milliarden Euro aufzubringen, um die Finanzkrise zu kontrollieren. Und für uns soll kein Geld da sein? Dafür fehlt bei den Arbeitern und Angestellten zunehmend das Verständnis. Sie sollen die Finanzkrise gleich mehrfach büßen. Über Steuergelder, Preissteigerungen und über Lohnverzicht. Insgesamt aber meine ich dass die Kolleginnen und Kollegen in den letzten Jahren gemerkt haben, wohin ein solcher Verzicht führt und dass sie von ihren Interessen ausgehen werden.


Was ist zu tun?

Bislang sieht es so aus, als ob die Unternehmer den Ernst ihrer Lage noch nicht erkannt haben und provozieren wollen. Letzten Donnerstag haben sie erstmals 2,1% mehr Entgelt geboten, mit 14 Monaten Laufzeit. Das „Angebot“ wurde sofort zurückgewiesen. Freitag Nacht haben mehrere tausend Kolleginnen und Kollegen mit Warnstreiks begonnen. Mitte November werden wir mit der Urabstimmung beginnen. Ich bin zuversichtlich, dass die notwendige Mehrheit für einen Streik zusammenkommt. Dieser könnte bereits kurz nach der Urabstimmung beginnen. Es wird darauf ankommen, die ganze gewerkschaftliche Kampfkraft einzusetzen, um zu einem Ergebnis in Höhe unserer Forderungen zu kommen.

Ich meine aber auch, dass sich die Kollegen Gedanken über eine grundsätzlich andere gesellschaftliche Perspektive machen müssen. Denn die Folgen einer tatsächlichen Wirtschaftskrise lassen sich nicht mit einer Lohntarifrunde bekämpfen.


Vielen Dank für das Gespräch!

Der Metallarbeiter Thomas Trüten ist Leitungsmitglied der IG Metall Vertrauensleute beim Automatisierungsunternehmen FESTO in Esslingen und Mitglied der IG-Metall-Delegiertenversammlung Esslingen
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